Blumen, Blumen, Blumen – überall Blumen. Unser Caravan scheint eher in einer Parkanlage als auf einem Campingplatz zu stehen, zumal es jetzt in der Vorsaison noch nicht so viele andere Gäste gibt. Aber das passt perfekt zur Blumenriviera, die wir von hier aus erkunden möchten. Zwar gibt auf es auf Camping Eukalyptus in Imperia keinen Pool, aber dank der direkten Unterführung zum Strand können wir doch ans Wasser und schwimmen gehen. Schließlich wollen wir die Region erkunden und nicht im doch recht kühlen Nass planschen. Nicht weit von einer Autobahnauffahrt entfernt ist es der schnellste Weg, um zu den Sehenswürdigkeiten zu gelangen, wenn sich der Verkehr auf der Via Aurelia am Meer entlang staut, was in der Rushhour und in der Hochsaison hier oft der Fall ist.
Also nehmen wir, nachdem wir uns von den Anstrengungen der langen Anreise erholt haben, wieder die Autostrada Richtung Westen unter die Räder. So kommen wir schnell von unserem Campinggarten zu einem viel berühmteren Garten: dem Giardini Botanici Hanbury. Nach der letzte Abfahrt vor der französischen Grenze windet sich die Landstraße von Ventimiglia nach Menton entlang der Villen der Belle Époque, den allgegenwärtigen Bougainvilleen an den Mauern und immer wieder dem sagenhaften Blick aufs Mittelmeer.
Kap Mortola, wo die Gärten liegen, ist die Verlängerung des Bergrückens, der Italien von Frankreich trennt. Hier erreichen die Alpen das Meer und schützen die Küste im Winter vor dem Nordwind. Daher ist es möglich, viele exotische Pflanzen in den Gärten zu akklimatisieren. Aber auch das Design, die Architektur und der Blick auf das Meer tragen zum Gesamtkunstwerk bei – ohne Zweifel ist das der schönste Garten der ganzen Riviera.
Im Jahr 1867 kam der deutsche Landschaftsarchitekt Ludwig Winter an die Riviera und traf auf den reichen Engländer Thomas Hanbury. Er erteilte den Auftrag, diese Gartenlandschaft zu entwerfen, die rasch Ruhm erwarb. Im Jahr 1873 gründete Ludwig, der sich jetzt Lodovico nannte, in Bordighera seine eigene Baumschule. Er konzentrierte sich hauptsächlich auf Palmen, die seitdem unerbittlich die Riviera erobert haben. Außerdem fing er an, Rosen zu züchten. Das war der Startschuss der Blumenindustrie, die hier bis heute das Landschaftsbild bestimmt. Der Beweis: die Gewächshäuser auf den Hügeln hinter der Küste. Es verbirgt sich also in gewisser Weise ein Deutscher hinter dem poetischen Begriff Blumenriviera, den Küstenabschnitt zwischen Cervo und der französischen Grenze.
Für die Rückfahrt nehmen wir die Via Aurelia, die nach der römischen Straße benannt wurde, die einst Rom mit der Provence verband. In den Hanbury-Gärten ist eine originale Teilstrecke erhalten geblieben, aber in der Regel liegt das alte Pflaster unter dem aktuellen Asphalt. So erreichen wir Ventimiglia, die letzte italienische Stadt vor Frankreich. Das alte Zentrum, das auf einem Hügel liegt, sieht authentisch aus. Der moderne Stadtteil wird stets von Franzosen überrannt, weil Alkohol hier billiger ist als zu Hause.
San Remo, die nächste Küstenstadt, war am Ende des 19. Jahrhunderts besonders bei der britischen Upper-Class und der russischen Zarin beliebt. Heute ist es wegen des nationalen Musikfestivals bei allen Italienern bekannt. Um italienische Musik noch besser kennenzulernen, biegen wir ab ins Hinterland zu einem Tempel des italienischen Liedguts.