Wenn der Chef persönlich den Gastraum betritt, um den Hals ein Mini-Akkordeon, gefolgt von Service-Kräften mit Wunderkerzen, dann kann das nur eines bedeuten: Ein Gast hat Geburtstag. Berthold Schmidinger, Inhaber des Hotels Grüner Baum in Bad Waldsee und Chef de Cuisine im angeschlossenen Restaurant, stimmt ein „Happy Birthday“ an. Der Nachbartisch – den Stimmen nach der Männergesangsverein – fällt ein, und schon singt das ganze Restaurant mit. Mitarbeiter und Gäste, Einheimische und Fremde.
Selbst der Tourist gehört schnell dazu, ist Teil dieser schwäbischen Familie. Es lohnt sich, die Küche im Reisemobil für einen Abend kalt zu lassen: Zu essen gibt es das ‚Viererloi’ – Krautkrapfen, Zwiebelrostbraten, Kässpätzle und Maultaschen –, zu trinken das urige Baumbier.
Eine Reise durch Oberschwaben und das württembergische Allgäu ist unweigerlich verbunden mit deftigen Speisen, mit Wörtern aufle und mit Wohnwagen. Im Land von Hymer und Dethleffs gehören Wohnwagen fast zum Stadt- und Landschaftsbild. Die Nähe zum Bodensee macht die Region doppelt attraktiv.
In Bad Waldsee gibt es außer Caravaning einen weiteren Schwerpunkt: Die 20.000-Einwohner-Stadt ist Moorheilbad und Kneippkurort, hat drei Rehakliniken und zählt im Jahr 400.000 Übernachtungen. Die Waldsee-Therme nutzen auch Caravaner, die auf dem sieben Kilometer entfernten Stellplatz Elchenreute übernachten. Einen Campingplatz hat die Heimatstadt von Erwin Hymer nämlich nicht. Die historische Altstadt zwischen Stadt- und Schlosssee ist geprägt durch ihre mittelalterlichen Fachwerkhäuser sowie neu- und spätgotischen Fassaden. Auf dem Stadtsee trainieren Ruderer, Kurgäste und Touristen drehen ihre Runde auf dem 1,6 Kilometer langen Uferweg.
Auf der Strecke ins 30 Kilometer entfernte Wangen lohnt es sich, einige Zwischenstopps einzulegen. Im Bauernhaus-Museum in Wolfegg wird Geschichte lebendig. Hier begeben sich die Besucher auf die Spuren von Bauern, Mägden und Dorfhandwerkern und erfahren, wie diese früher gelebt haben. Auf dem zehn Hektar großen Gelände wurden 16 historische Bauernhäuser originalgetreu wieder aufgebaut.
Ein Highlight ist der Schlepperkurs: Hier können Caravaner beweisen, dass sie nicht nur ihr eigenes Gespann fahrerisch im Griff haben. Die Bedienung eines historischen Porsche-Traktors aus den 1950er-Jahren stellt die Fahrer vor ganz besondere Herausforderungen.
Lange bevor der rote Oldtimer mit seinen 17 PS um die Ecke biegt, ist das unverkennbare Tuckern zu hören. Angefahren wird im zweiten Gang, gefahren im dritten. Nach einigen Anfahrschwierigkeiten zuckelt der Traktor mit 18 bis 20 km/h über die Schotterwege und überrascht beim Slalom-Parcours mit kleinem Wendekreis. Am Ende sagen alle Teilnehmer glücklich: „Ich bin heute Porsche gefahren.“