Wer sich auf Kevelaer einlässt, der merkt schnell, dass ihn Maria und das Flair, wie es nur ein Wallfahrtsort entwickelt, auf Schritt und Tritt begleiten. Kein Wunder, reichen doch die Wurzeln der Marienerscheinung bis in den Dreißigjährigen Krieg zurück. Kurz vor Weihnachten 1641 vernahm der Handelsmann Hendrick Busman in der Kevelaerer Heide nahe eines Hagelkreuzes eine Stimme: „An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen bauen.“ Als er diese Worte an zwei weiteren Tagen an diesem Ort hörte, stand sein Entschluss fest.
Obwohl er nur wenig Geld besaß, baute er ein Heiligenhäuschen. Aber nicht irgendeines: Seine Frau Mechel hatte eines Nachts in einer Erscheinung die Kapelle mit einem Marienbild vor sich gesehen. Das Bild von „Unserer lieben Frau von Luxemburg“ hatten zuvor zwei Soldaten versucht, an Mechel zu verkaufen – erfolglos. Nach dem Traum suchte sie nach den beiden und kehrte samt Marienbild zurück.
Im Jahr 1642 setzte Hendrick Busman, er ist übrigens als Skulptur in der Stadt verewigt, das Bild in einen Bildstock in der Gnadenkapelle ein. Dort ist es bis heute geblieben. Das Gotteshäuschen steht am Kapellenplatz, dem Herz und religiösen Zentrum der Wallfahrtsstadt Kevelaer. Der sechseckige Kuppelbau birgt besagtes Gnadenbild Consolatrix Afflictorum. Diese heutige Gnadenkapelle wurde anno 1654 so um den ursprünglichen Bildstock herumgebaut, dass Gläubige ganz nah an dem Bild vorbei pilgern können.
Die Kuppel hat Friedrich Stummel ausgemalt. Er hat auch die Bodenmosaike entworfen, verlegt hat sie der venezianische Künstler Gobbo. Dieses Bauwerk wirkt wie ein Magnet. Tatsächlich pilgern Menschen aus aller Welt hierher, suchen Trost, beten und zünden Kerzen an. Andere genießen eine Auszeit und lassen sich von der besonderen Atmosphäre verzaubern.
Die prägt auch die Kerzenkapelle Sankt Michael, die älteste Kirche am Kapellenplatz, erbaut von 1643 bis 1645. Sie erhielt ihren Namen durch die vielen Kerzen, die im Innenraum und draußen am Seitenschiff der Kirche brennen. Im Inneren sind vor allem die Kerzen der Prozessionen zu bewundern, die Pilgergruppen mitbringen. In einer Wallfahrtszeit vom 1. Mai bis 1. November sind das mehr als 300 Kerzen. Andenkentäfelchen, Wappen- und Danksagungsschilder zeigen die Tradition der Wallfahrt.
Doch die beiden genannten Kapellen sind nicht die einzigen sakralen Bauten am Kapellenplatz. Die Marienbasilika wurde 1923 zur Päpstlichen Basilika erhoben. Erbaut wurde sie von 1858 bis 1864. Ihr 90 Meter hoher Turm stammt aus dem Jahr 1884 und ist schon aus weiter Entfernung zu erkennen. Tipp: Besonders eindrucksvoll sind die Malereien im Innenraum und die drei Bronze-Portale. Erstaunlich ist die große Apokalypse über dem Haupteingang.
Herausragend ist die Orgel der Basilika. Mit 135 Registern ist sie die größte deutsch-romantische Orgel der Welt. Faszinierend sind die unterschiedlichen Größen der Orgelpfeifen. Die kleinsten Pfeifen messen gerade mal zehn Zentimeter, die größten erreichen eine Höhe von 14 Metern. Erbaut wurde das Instrument von 1905 bis 1907 von der Orgelbaufirma Seifert.
Neben dieser Wallfahrtskirche befindet sich der Zugang zum Brunnenhof. Umschlossen von Basilika, Beicht- und Sakramentskapelle strahlt er Geborgenheit aus. Natürlich birgt er einen Brunnen. Auch die Schutzpatronin der Bergleute, die Heilige Barbara, steht im Brunnenhof – neben Lore und Grubenlicht. Zwei weitere Gebäude umfassen das kirchliche Zentrum am Kapellenplatz: Das Forum Pax Christi von 1981 ist die jüngste Kapelle am Kapellenplatz. Sie wurde speziell für Gottesdienste unter freiem Himmel konstruiert. Im Jahr 1999 wurde der Innenraum zusätzlich durch ein transparentes Glasdach geschützt.