> Vergleich: 3 Markisen für den Wohnwagen im Langzeit-Test

Mehr als Schattenspender

17.07.2023
Text: Raymond Eckl | Bild: Hersteller

Eine Markise ist in erster Linie als Schattenspender gedacht. Und nicht erst seit dem Erfolg der Rollis von Wigo läuft die Markise dem Vorzelt den Rang ab. CCC hat drei Systeme im Dauereinsatz und sammelte erste Erfahrungen im Campingalltag.

Es ist inzwischen mehr als nur ein Trend – immer mehr Caravans sind mit einer Markise statt einem Vorzelt ausgestattet. Der Grund ist oft trivial: Im Gegensatz zum klassischen Caravanvorzelt haben Markisen eine geringere Aufbauzeit und bieten eine hohe Flexibilität, sind aber auch nicht ganz so standfest. Allerdings haben sich die Markisen in den letzten Jahren in Sachen Zeltumbau gemausert. Besonders die Sackmarkisen sind hier von Vorzelten optisch kaum mehr zu unterscheiden.

Drei Varianten hat die Redaktion umfangreich getestet und alle sind nun im Dauereinsatz: das Travel Star Plus von Herzog, welches in CCC 10/21 vorgestellt wurde, die Gelenkarmmarkise Thule Omnistor 630, vorgestellt in CCC 9/21, und das Wigo Rolli, vorgestellt in CCC 11/20.

Rolli trotzt jedem Wetter

Rolli Plus Ambiente Spezial

Das Rolli Plus Ambiente Spezial begleitet einen Bürstner seit Sommer 2020. Je nach Urlaubsziel wurde eine andere Variante aufgebaut. Im verregneten Sommer im Emsland war es die Variante „geschlossenes Vorzelt“. Sie blieb so über den gesamten Aufenthalt und schützte zuverlässig vor Wind und Regen, konnte sogar mitreisenden Freunden Unterschlupf bieten, die nur ein Sonnensegel im Gepäck hatten. Bei so vielen Personen wäre eine Tiefe von 3,00 Meter nicht schlecht gewesen, aber es ging auch mit 2,50 Meter.

Bei den anderen Reisen diente das Rolli hauptsächlich als Sonnenschutz. Mindestens ein Seitenteil wurde aber meist mit eingezogen. Zum einen schützt es vor Wind, zum anderen vor allzu neugierigen Blicken. Zudem ergibt sich im Aufbau so immer eine praktische Ecke für den Campingschrank und zur Aufbewahrung allerhand Utensilien. So sieht es vor dem Caravan wenigstens halbwegs ordentlich aus. Einmal brach ein fürchterliches Gewitter über den Platz herein, was zu etlichen Sturmschäden führte, aber dank des Wigo Abspann-Sets trotzte das Rolli den Sturmböen ohne Probleme.

Der Aufbau des gesamten Zeltes geht leicht von der Hand, wenn das Team eingespielt ist. Das Etui muss unbedingt gegen Verrutschen gesichert sein. Bei Dauerregen wünscht man sich manchmal 3 Meter Vorzelttiefe.

Auf den zahlreichen Wochenendtrips wird meist nur die Markise ohne jegliche Anbauten genutzt. Ein klein wenig aufwendiger ist der Aufbau im Vergleich zu einer Kurbelmarkise schon. Aber die ganze Familie ist inzwischen so vertraut, dass die drei Aufstellstangen und die fünf Dachstangen schnell eingefügt sind. Das Tuch des Dachs und die Wände sehen immer noch neuwertig aus. Klettbänder und Reißverschlüsse funktionieren einwandfrei.

Den einzigen Verschleiß weisen die Gewinde der Nutensteine für die Dachstangen auf. Da muss bald Ersatz beschafft werden, was problemlos möglich ist. Was von Anfang an Probleme bereitet hat, sind die Stopper, die in der Kederschiene angebracht werden, um den Markisensack in seiner Position zu fixieren. Bei der Erstmontage ging einer gleich kaputt. Beim Ersatzset sind auch kleine Kederschnipsel zur Fixierung dabei. Mit ihnen hält es besser, aber dann geht die Seitenwand nicht weit genug hoch, um an das Dach angeklettet zu werden.

Die Höhe der Seitenteile ist nur knapp ausreichend und wenn sich der Sack verschiebt, hängt eine Seite in der Luft. Auf Nachfrage wurde angeraten, die Seitenwand etwas einzuschneiden. Den beigefügten Rad- und Windschutz mussten sie durch ein anderes Modell ersetzen, weil der Keder viel zu dick für die Schiene ist.

Im Gesamturteil fallen diese kleinen Mängel allerdings kaum ins Gewicht. Die enorme Flexibilität, die das Rolli je nach Reisedauer und Wetterlage bietet, begeistert. Auch das relativ geringe Gewicht ist ein großer Vorteil. www.wigo-zelte.de

Das Rolli Plus kostet bei Wigo in der Größe 10 und mit einer Tiefe von 250 cm in Vollausstattung rund 3.370 Euro, kann dann als Markise oder Vorzelt eingesetzt werden.

Markise mit Komfort

Thule Omistor 6300
Die Gelenkarmmarkise von Thule ist sehr schnell von einer Person ausgefahren und fixiert.

Die Thule Omnistor 6300 ist seit zwei Jahren auf einem Eriba Nova 540 montiert. Superschnell herausgefahren, bietet sie Schutz bei Sonne und Regen. Wenn Wind aufkommt, heißt es aber wachsam sein, denn trotz zusätzlicher Abspannung ist die Plane eine riesige Angriffsfläche und wirkt auf Träger und Gelenke. Eine starke Böe reist mächtig an allen Verbindungen zum Aufbau. Die wenigen Einsätze, die sie seit der Montage erfahren hat, gingen technisch an ihr spurlos vorüber. Die Funktionalität der Markise ist tadellos, aus- und einkurbeln klappt perfekt und auch die Stützfußklemmen arbeiten sicher.

Nun sollen in dieser Saison auch erstmals Seitenwände zum Einsatz kommen, sodass aus der Gelenkarmmarkise auch ein Vorzelt werden kann, wie es die Sackmarkisen so eindrucksvoll vormachen.

Eine kleine Nachlässigkeit hat die Markise aber nicht wirklich verziehen. Im letzten Sommer wurde sie einmal nass eingefahren und dann vergessen. Das Ergebnis: dunkle Stockflecken, die im Herbst nur mit viel Mühe entfernt werden konnten.

Die Mechanik ist bewährt und solide, was sich in einer längeren Lebensdauer widerspiegeln sollte.

Da waren Handarbeit und ein starkes Reinigungsmittel am Campingplatz nicht ausreichend. Erst mit dem Hochdruckreiniger konnten letzte Schmutzreste entfernt werden. Da bleibt es spannend, wie sich diese Stellen in Zukunft verändern, denn die Reinigung hat Spuren hinterlassen. www.thule.com

Die Markise von Thule kostet in der Version 450 x 250 cm etwas über 1.300 Euro plus Anbau, der über spezielle Adapter (260 Euro) fahrzeugspezifisch ans Dach angepasst wird.

Travelstar im Fahrtwind

Herzog Travel Star Plus
Die Schnellspannstangen sind perfekt.

Das Travelstar von Herzog ist an einem Tabbert Da Vinci montiert und schon recht viel rumgekommen. Gleich auf der ersten Reise gab es einen Schreckmoment. Während der Fahrt hat es den Markisensack durch den Fahrtwind aufs Dach gelegt. Hier sollten unbedingt die Sicherungsleinen mitbestellt und benutzt werden. Dafür sind am Etui der Markise Halte- ösen vorgesehen. Des Weiteren sollte eine transparente Schutzfolie am Wohnwagen angebracht werden, um Scheuerstellen zu vermeiden.

Der erste längere Aufenthalt war der Caravanpark Sexten in Südtirol. Der Aufbau der Markise gestaltete sich reibungslos, die Dachstangen lassen sich einfach anbringen und durch die gebogene Form können sich bei Regen keine Wassersäcke bilden. Was sehr gut gefällt, ist das Spannen des Daches am Ende des Aufbaus, welches einfach mittels Drehung der äußeren Dachstangen gespannt oder gelöst werden kann. Einzig das Anbringen des Seitenteils bleibt etwas kompliziert, da wie schon beim Erstaufbau fürs Fotoshooting die Reisverschlüsse sehr schwergängig und stellenweise um 90 Grad verdreht nur mit viel Kraftaufwand zu schließen sind.

Bildergalerie

Was noch auffällig ist: Alle Kabel sind zu kurz, sowohl für die Beleuchtung über dem Tisch, die in der Dachstange integriert ist, als auch für die Markisenbeleuchtung. Diese elektrische Verbindung der Markisenbeleuchtung mit dem dazugehörigen Steuerteil muss mit Klett- oder Klebeband an der Markisenstütze fixiert werden, da sich ansonsten die Verbindung zum Stecker stetig trennt, was auch dem Stecker auf Dauer nicht bekommt. Im Großen und Ganzen eine hochwertige Markise, der Aufbau ist selbsterklärend und so lässt sie sich zügig aufbauen. Die kleineren Mängel lassen sich aber leicht abstellen. www.herzog-freizeit.de

Schnell gegen leicht

Gelenkarmmarkise

Auch Fiamma bietet Markisen unterschiedlicher Bauart an und zeigt die Unterschiede systematisch auf. Gelenkarmmarkisen werden an der Außenwand [1] oder auf dem Dach des Caravans befestigt. Da die Montage mit den entsprechenden Adaptern ca. 30 cm oberhalb der Eingangstür empfohlen wird, eignen sich Wandmarkisen besonders für hohe Wohnwagen, die den nötigen Platz zur Montage bieten. In dieser Höhe lassen sie sich ohne Probleme mit der mitgelieferten Kurbel öffnen und schließen. Fehlt der Platz zwischen Tür oder Leuchte, muss die Markise aufs Dach. Je nach Fahrzeugtyp und Befestigungsmöglichkeit benötigt man dafür entsprechende Adapter. Bei der Dachmontage muss man allerdings bedenken, dass sich die Fahrzeughöhe vergrößert.

Die Gelenkarmmarkise ist komfortabel, aber schwer und teuer.

In der Kassette sind die Gelenkarme [2] befestigt, die oft über Federelemente verfügen [3], die starke Stöße abfangen. Eine Walzenunterstützung [4] in der Schiene kann das Aufwickeln des Tuches erleichtern. Eine Anzeige an der Seite kann das korrekte Schließen der Frontblende anzeigen [5]. Die Gelenkarme sorgen für die perfekte Tuchspannung [6]. Das Tuch ist aus wetterbeständigem Polyester [7].

In den Gelenkarmen laufen Drahtseile [8], die regelmäßig gepflegt werden müssen. Keder in der Frontschiene [9] ermöglichen die gleichzeitige Anbringung zweier Frontwände und anderes Zubehör. Die Gelenke [10] an der Frontblende sind das sensibelste Element der Markise. Die Stützfüße sind teleskopierbar [11], für die ideale Höhe der Front. Wandmarkisen können mit den entsprechenden Vorder- und Seitenwänden zu einem vollständigen Vorzelt erweitert werden.

Sack- oder Etuimarkise

Im Gegensatz zu fest verbauten Kassettenmarkisen werden Sackmarkisen – auch Taschen- oder Rollmarkisen genannt – nicht fest am Fahrzeug verbaut, sondern über die am Caravan vorhandene Kederschiene [1] eingezogen. Für die Montage ist so keine Bohrung und kein Adapter notwendig. Die Größe bzw. Länge der Markise richtet sich daher nach der Länge der Kederschiene des Caravans. Die großen Vorteile dieses Markisentyps sind neben der werkzeuglosen Montage vor allem das geringere Gewicht und der erschwingliche Preis.

Die Sack- oder Etuimarkise ist leicht und preiswert.

Sack- oder Etuimarkisen heißen so, weil die Markise selbst in einem Futteral [2] untergebracht ist. Damit das Etui nicht an der Wand scheuert, ist eine Schutzfolie an der Fahrzeugwand [5] sinnvoll. Das Tuch ist auf einer Rolle befestigt, die per Hand ein- und ausgewickelt wird. Die Stützfüße [4] werden dann eingesteckt oder ausgeklappt und durch den Auszug der Dachstangen [3] wird das Markisentuch auf Spannung gebracht.

Die Markisenwalze [6] dient der einfachen, beidseitigen Aufwicklung des Tuchs. Auch hier ermöglichen Kederschiene in der Walze [7] die Anbringung der Front und anderem Zubehör. Die Dachstangen [8] gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Die stabile und kompakte Beschaf- fenheit macht Sackmarkisen vor allem für kleinere Wohnwagen interessant.

Redaktion
Raymond Eckl
Raymond Eckl ist schon seit 1994 bei Camping, Cars & Caravans und wurde bereits ein Jahr später zum Chefredakteur.
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