> Reise: Mit dem Ballon über die Alpen

Einfach nur heiße Luft

28.02.2024
Bild & Text: Axel Scheibe

Eine Alpenüberquerung mit dem Ballon ist ein unvergessliches Erlebnis. Unser Reiseautor Axel Scheibe hat ein Team durch die Alpen begleitet und sich zwei Täler mit ihren Campingplätzen von oben angeschaut.

So ganz allmählich blinzeln erste Sonnenstrahlen über die Bergspitzen. Eisiger Frost hat das Tannheimer Tal eingehüllt. Alles perfekt für eine Fahrt mit dem Heißluftballon über eines der schönsten Hochtäler der Alpen. Ein Slogan, mit dem die örtlichen Touristiker gern um Gäste werben und dem nach einem Besuch vor Ort kaum etwas hinzuzufügen ist. So mancher sagt sogar „das schönste Hochtal“. Doch mit solchen Superlativen sollten wir eher vorsichtig sein, bei den unzähligen traumhaften Urlaubsdestination, die der Alpenraum zu bieten hat. Aber sei es, wie es sei. Nun steht vorerst ein ganz besonderes Highlight auf dem Plan.

Der erfahrene Ballonpilot Otto Hoping vom „Ballohner Wind“ aus Lohne weiß, wie man einen Heißluftballon zum Abheben bringt. Und nur wirklich routinierte Ballonpiloten schaffen, mit Unterstützung der Bodencrew, eine sanfte Landung inmitten der verschneiten Alpen.

Acht Ballonpiloten sind angereist und einer von ihnen, Otto Hoping, vom „Ballohner Wind“ aus Lohne, hat für uns einen Platz reserviert. Eine knappe halbe Stunde dauert das Prozedere, bis der Ballon, in diesem Fall ein lustiges gelbes Schweinderl, stolz in Richtung Himmel abhebt. Erst gilt es die große Ballonhülle auszurollen, dann startet Otto einen riesigen Ventilator, der vorerst noch kalte Luft in die sich allmählich aufblähende Ballonhülle bläst, dann wird der Brenner gestartet und mit kurzen Stößen kommt das in die Hülle, was die Art dieser „Luftfahrt“ so besonders macht. Sprich, „alles nur heiße Luft“.

Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wir merken das schnell. Fleißige Hände werden reichlich gebraucht. Da müssen alle künftigen Passagiere mit zugreifen. Aber kein Problem. Das Ziel, die Fahrt über das Tal, ist es allemal wert. Dann endlich – die Hülle steht und schnell müssen wir in den kleinen Korb steigen. Vier Personen finden Platz. Dann lässt die Bodencrew die Halteseile los und sanft entschwebt unser „Schweinderl“ in den Morgenhimmel.

All das, was wir am Vortag auf eigenen Füßen erkundet haben, sieht nun von oben wie ein Spielzeugland aus. Der Haldensee am Horizont, das mächtige Neunerköpfle fast zum Angreifen nah und natürlich das winterlich verschneite, scheinbar schlafende Tannheimer Tal. Einer Perle gleich schimmert der Vilsalpsee im Sonnenlicht. Wohl eine der reizvollsten Ziele im Tal, und wie sich am Vortag gezeigt hat, eine Genusswanderung für Alt und Jung.

Langsam, vom Wind getrieben, „fährt“ der Ballon Richtung Westen. Oberjoch und Bad Hindelang ziehen am Boden vorbei. Dann, eine Stunde ist vergangen, beginnt Otto Hopings Suche nach einem günstigen Landeplatz. Gar nicht so einfach, wenn der Wind je nach Höhe immer wieder wechselt. Unweit von Sonthofen warten einige Wiesen im jungfräulichen Weiß der letzten Nacht auf uns. Drei Versuche, immer wieder drückt der Wind den Ballon kurz vor der Landung in Richtung Siedlung, Autobahn oder Flusslauf.

Dann endlich klappt es, butterweich setzt der Ballon auf. Unterstützt von der Bodencrew, die die Fahrt per Auto begleitet hat, heißt es nun, den Ballon mit seiner riesigen Hülle, immerhin passen da rund 5.000 Kubikmeter Luft hinein, zu verstauen. Nochmal eine hartes Stück Arbeit, so haben wir uns dann die Stärkung wirklich verdient.

Bildergalerie

Übrig bleibt eine tolle Erfahrung, die man gern wiederholen kann. Den Abschied vom Tannheimer Tal „versüßt“ das abendliche Ballonglühen in Schattwald. Während sich sechs der farbenprächtigen und werbeträchtigen Ballons im Walzertakt drehen und im gleichen Takt aufglühen, bleibt Zeit, zurückzublicken oder sich vielleicht schon auf Teil zwei der möglichen Ballonfahrten zu freuen. Und dazu rollen wir ein Stückchen in Richtung Osten.

Auch am Achensee sind Ballonfahrer oft zu Gast und freuen sich auf Kunden. Das Hobby ist teuer und so sind zahlende Passagiere immer willkommen. Die Region rund um den Achensee bietet aber nicht nur von oben Sehenswertes. Noch ehe wir erneut in einen Ballon steigen können, haben wir etwas Zeit für eine „Erderkundung“ eingeplant. Unweit der Christlumlifte, nicht weit entfernt vom Campingplatz, werden die Ballons in den Himmel steigen.

Nur ein überschaubarer Fußweg ist es bis zum See und dem kleinen, aber wirklich lohnenswerten Heimatmuseum im Sixenhof. Ein idealer Einstieg für weitere Erkundungen rund um den See. Da gibt es neben den, per Seilbahn unterstützten, „Bergbesteigungen“ in Richtung Rofan- und Karwendelgebirge noch einige andere Museen.

Zum Beispiel die Museumswelt, die nicht nur eine tolle Sammlung alter Traktoren präsentiert sondern auch reichlich anderes zur Geschichte der Region erzählt. Eine Ausstellung zur heiligen Notburga widmet sich mehr der kirchlichen Geschichte und Gegenwart, während im Steinöl und Vitalberg auf den Spuren des heilsamen Gesteins gegangen werden kann, dessen Produkte weit über die Grenzen Tirols bekannt sind.

Doch einen Dominator hat das alles: Das ist die überwältigende Naturkulisse rund um den See. Eine Rundfahrt mit der Achensee Schifffahrt ist also, bevor man sich das Ganze von oben ansieht, durchaus die Zeit wert. Und etwas Zeit haben wir uns auch für eines der schönsten „Wandertäler“ genommen. Direkt hinter Pertisau öffnen sich die Karwendeltäler und bieten die Chance, ohne alpine Ambitionen, in die Natur einzutauchen. Und beim Eintauchen muss es nicht bleiben. Natürlich konnten wir uns einer gemütlichen Pause beim Kaiserschmarrn nicht entziehen, die Versuchung war ganz einfach zu groß. Es gibt einige Gasthäuser und Hütten, die hungrigen Wanderern Platz bieten.

Ganz zu vorderst genannt sei dabei die urige kleine Sennhütte im Falzthurntal, wo Marianne Perzl gemeinsam mit ihren Töchtern für typisches Alpenflair sorgen. Sie ist außen so unscheinbar, dass gerade im Winter, wenn sich der Schnee vor der Hütte türmt, schon so mancher Wanderer sorglos daran vorbei gegangen sein soll.

Wieder ist es ein eisiger Morgen, wieder schimmern die ersten Sonnenstrahlen über den Bergen und wieder wollen wir helfen, ein „Ungetüm“ aus viel Stoff in Form zu bringen. Dieses Mal ist es eine etwas größer Variante, ein Heißluftballon für acht Gäste und einem Rauminhalt von an die 7.000 Kubikmeter. Das  Gebläse sorgt für erste Bewegung in der Ballonhülle und schon bald brüllen die Gasbrenner durch den winterlichen Morgen. Die anderen Ballone am Startplatz sind etwas schneller, doch Eile mit Weile. Schon bald ist auch der Ballon von Pilot Andy Nairz startklar und beginnt seine Fahrt.

Pilot Andy Nairz lässt den Heißluftballon gekonnt über die Alpen bis nach Deutschland fliegen.

Anders als gedacht trägt der sanfte Wind den Ballon nicht in Richtung Inntal. Es geht in Richtung Deutschland. Aber egal welche Richtung – das Erlebnis Ballonfahrt über den tief verschneiten Alpen ist einzigartig. Viel gibt es zu schauen und viel gibt es zu fotografieren. Da vergeht die Zeit halt schneller als gedacht.

Nicht nur die Höhe, auch der Ausblick aus dem Ballon raubt einem beinahe den Atem.

Nach 90 Minuten kommt Bad Tölz in Sicht. Zeit für Andy Nairz, nach einem guten Landeplatz Ausschau zu halten. Da kommt dann immer die Erfahrung zum Tragen, und Erfahrung hat Andy reichlich. Südlich von Lenggries, am Waldrand, nicht weit entfernt vom Ufer der Isar setzt er den Ballon sanft auf dem unberührten Schnee auf. Die Bodencrew ist bereits vor Ort und gemeinsam wird die Ballonhülle eingerollt, wie immer ein hartes Stück Arbeit, und samt Korb auf den Anhänger gepackt.

Noch bevor die Sonne wieder verschwindet, Wintertage sind kurz, sind wir zurück am Achensee. Ein guter Zeitpunkt für einen kleinen Glühwein im Vorzelt, während die Gasheizung im Caravan für wohlige Temperaturen sorgt. Aber gut beheizter Caravan hin oder her, trotzdem geht es am späten Abend nochmal hinaus in die Kälte. Das traditionelle Ballonglühen steht auf dem Programm. Das lassen wir uns natürlich auch hier nicht entgehen und freuen uns schon auf die nächsten Treffen im Winter.

Infobox

Campingmöglichkeiten in der Region

  • Campingplatz Tannheimer Tal: Camping Alpenwelt RinnBell GmbH, Kienzerle 3, A-6675 Tannheim Tirol, Tel.: 0043/567543070 www.alpenwelt-tannheimertal.at
  • Campingplatz Achensee: Alpen Caravan Park Achensee Sixenstraße 17, A-6215 Achenkirch, Tirol, Österreich, Tel.: 0043/52466239 www.camping-achensee.com
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